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Marken global führen

Bei der globalen Markenführung stehen Mittelstand und Konzerne häufig vor gleichen Aufgaben, allerdings mit unterschiedlichen Voraussetzungen.

Sobald Marken global geführt werden, sind die Herausforderungen für Markenverantwortliche deutlich komplexer. Generell gilt es beim Eintritt in neue Märkte jenseits des Heimatmarkts, Marken adäquat zu positionieren, Pricings zu überdenken, marktübliche Distributionswege aufzubauen, Produkte anzupassen und Kommunikationsstrategien landestypisch zu entwickeln.

Schaut man jedoch genauer hin, wird deutlich, dass es bei globaler Markenführung im Kern um das Austarieren eines idealen Zusammenspiels zwischen zentraler und dezentraler Markenführung geht. Eine weitere Herausforderung ist die Akquisition und die Integration neuer Marken in die bestehende Markenarchitektur. Das Gestaltungsspektrum reicht dabei von der Einmarkenstrategie mit einer einzigen starken Unternehmensmarke (Branded House) bis hin zur Mehrmarkenstrategie, also separaten Marken, die weitgehend unabhängig und gegebenenfalls lediglich unter einem gemeinsamen Dach auftreten (House of Brands). Unternehmen, die aus ihrem Heimatmarkt international expandieren, wie es bei mittelständischen Firmen meist der Fall ist, zeichnen sich üblicherweise durch eine Einmarkenstrategie und zentrale Markenführung aus.

Zentrale vs. dezentrale Markenführung

Eine wesentliche Frage, die sich eine Marke bei der globalen Expansion stellen muss, lautet dabei immer: Bleibt für die globale Markenführung der Unternehmenshauptsitz Dreh- und Angelpunkt der weltweiten Steuerung oder werden in einzelnen Märkten lokale Markenführungszentren aufgebaut? Hier gilt es, das ideale Zusammenspiel zwischen zentraler und dezentraler Markenführung zu finden, so dass wesentliche Bausteine der Markenführung (wie z.B. Segmentierung, Nutzenbotschaften, Corporate Design) in allen Märkten verfolgt werden, gleichzeitig aber genügend Freiraum für lokale Entscheidungen bestehen bleibt. Durch zentrale Markenführung werden Skaleneffekte genutzt, wobei immer im Auge zu behalten ist, dass keine Überorganisation erwächst und die lokale Markenführung leidet.

Um Marken global optimal zu führen, bedarf es offensichtlich einer strukturierten und systematischen Vorgehensweise. Dem Automobilzulieferer Brose ist die Entwicklung vom regionalen zu einem führenden globalen Automobilzulieferer beispielhaft gelungen. Ursprünglich ein Handelshaus für Automobilzubehör, beliefert das Familienunternehmen mit weltweit 22.000 Mitarbeitern heute rund 80 Automobilmarken sowie über 30 Zulieferer. Beim internationalen Markenaufbau findet das Markenversprechen seinen Ausdruck im prägnanten Corporate Design und in der konsequenten Corporate Architecture der rund 57 Standorte in 23 Ländern.

Die Konzentration auf die Umsetzung seines Markenversprechens als Premiumpartner der Automobilhersteller ist einerseits Ausdruck einer langfristigen Orientierung, erlaubt aber andererseits auch eine aus Markenführungssicht effiziente Eroberung weiterer Märkte und Standorte – ohne Abstimmungsbedarf zwischen zentralen und dezentralen Einheiten. Dabei ist die Präzision bis in die Gestaltung der Arbeitsplätze nicht nur für Kunden und Besucher erlebbar, sondern vor allem für die eigenen Mitarbeiter, die global vernetzt vielfach über viele Standorte mobil arbeiten. Das Versprechen, zu den Besten zu gehören, ist also nicht nur in Produkt, Preis und Präsentation, sondern auch in der Kundenbeziehung zu erleben.

Von der Einmarken- zur Mehrmarkenstrategie

Eine besondere Aufgabe in der globalen Markenführung ist die Akquisition oder der Aufbau neuer Marken. Für den Verantwortlichen stellt die damit verbundene Neuausrichtung der Markenstrategie häufig eine Herausforderung dar. Es gilt zu klären, ob und wie die akquirierte Marke sinnvoll in die vorhandene Markenarchitektur integriert werden kann. Bleibt die Marke bestehen oder wird sie langfristig aufgelöst? Wesentliche Determinanten der Fortführungs- vs. Auflösungsfrage sind beispielsweise Markenstärke im bestehenden Markt, Überlagerungen des neuen Markenangebots zum bisherigen Angebot oder Überschneidungen hinsichtlich der Zielgruppe. Weiter muss das Zielszenario der neuen Architektur geklärt und anschließend die Migrationsphase definiert werden. Sofern die Marke integriert wird, ist besonderes Augenmerk auf ihre Mitarbeiter zu richten. Es gilt, diese mit den neuen Markenwerten vertraut zu machen, gerade wenn sie noch den Stolz auf die alte Marke in sich tragen. Die Markenidentitäten sind deshalb bewusst zusammenzuführen.

Balance zwischen alt und neu finden

Ein Beispiel für die gelungene Bewältigung der Integration einer Marke in eine bestehende Architektur ist die Integration der PackSys Global AG in die Brückner Group. Die Brückner Group ist ein weltweit tätiger Maschinen- und Anlagenbauer, der seit 1960 zuerst im Kerngeschäft und später durch Akquisitionen stetig gewachsen ist. Durch den Zukauf von PackSys Global im Jahr 2011 musste das Markenversprechen der Gruppenmarke und der akquirierten Marke neu definiert werden. Hierbei galt es, eine Balance zu finden zwischen dem Erhalt und Schutz der Identität der zugekauften Unternehmen einerseits und der klar erkennbaren Zugehörigkeit zur Gruppe andererseits. Die Herausforderung bestand darin, den Mehrwert der Gruppenzugehörigkeit für die neue Marke PackSys Global klar herauszuarbeiten und zugleich den anderen Marken den Vorteil der Zugehörigkeit der PackSys Global zur Gruppe zu vermitteln. In diesem Zuge wurde für die PackSys Global erstmalig ein eigenes Markenversprechen systematisch entwickelt. Sichtbarstes Ergebnis waren unter anderem die Straffung des Markennamens und die Überarbeitung des Erscheinungsbilds.

»Der Schlüssel zum Erfolg in dieser besonderen Situation war ein konsequent kooperatives Vorgehen, das von Anfang an alle verantwortlichen Geschäftsführer involvierte«, so Dr. Axel von Wiedersperg, CEO der Brückner Group. »Auf diese Art und Weise konnten das Wissen, der Stolz und die Identität der akquirierten Marke berücksichtigt, gleichzeitig ein Buy-In des weitgehend autonomen Geschäftsführerteams sichergestellt und damit der Erfolg der erweiterten Markenarchitektur begründet werden.«

Mit integrativer Vorgehensweise zum Erfolg

Ein Vorteil mittelständischer Unternehmen bei der globalen Markenführung gegenüber Konzernen sind die wesentlich kürzeren Entscheidungswege. Insgesamt sind weniger Mitarbeiter an den Prozessen beteiligt, die grundsätzlich eine höhere Nähe zum Markt aufweisen. Da den Mittelständlern in der Regel jedoch geringere Ressourcen für die globale Markenführung zur Verfügung stehen, haben Budgets eine andere Größenordnung und Mitarbeiterstrukturen unterscheiden sich hinsichtlich der Aufgabenteilung. So ist beispielsweise die Funktion Markenführung oder gar ein Team Brand Strategy, das sich ausschließlich mit Markenführung in den verschiedenen Märkten beschäftigt, noch lange nicht Standard.

Thema auf Geschäftsführerebene ansiedeln

Wie schaffen es mittelständische Unternehmen dennoch, eine globale Markenführung erfolgreich zu etablieren? Zur erfolgreichen globalen Markenführung muss das Thema auf Geschäftsführungsebene verankert werden. Idealerweise sollte der geschäftsführende Gesellschafter oder der Sprecher der Geschäftsleitung die Markenverantwortung übernehmen, so wie es beispielsweise bei dm mit Götz Werner und bei Würth mit Reinhold Würth der Fall ist. Gemeinsam mit der Fachabteilung und dem gesamten Geschäftsführungskreis ist anschließend eine klare Markenstrategie zu entwickeln. Zu definieren sind dabei unter anderem die Unternehmens- und Markenarchitektur, die Struktur der Markenführung (Brand Governance), das Markenversprechen sowie die zur globalen Markenführung zur Verfügung stehenden Mittel. In diesem Rahmen müssen für Steuerung und Umsetzung dezidierte Markenverantwortliche benannt werden und sowohl mit den notwendigen Informationen als auch Befugnissen ausgestattet werden.

Anschließend gilt es, die Markenstrategie in einen Implementierungsplan zu übertragen. Dabei empfiehlt es sich von Beginn an, genaue Kennzahlen zu definieren, anhand derer später gemessen werden kann, inwieweit die Markenstrategie erfolgreich verfolgt wurde. Eine Messdimension ist beispielsweise, inwieweit das Markenverspechen bekannt, gelernt, relevant und differenzierend ist und nicht nur zu Kauf und Wiederkauf, sondern im Idealfall auch zur Weiterempfehlung anregt.

Nach dieser strategischen Ausrichtung muss die Umsetzung, wiederum zentral gesteuert, für den Kunden erlebbar gemacht werden – und zwar über alle Touchpoints hinweg (z.B. Kampagnen, Internetauftritt, Produktbroschüre, Messen). Intern gilt es, das Markenversprechen auf allen Unternehmensebenen zu vermitteln und in den Köpfen und Herzen jedes Mitarbeiters zu verankern.

Eine kontinuierliche Nachsteuerung der Umsetzung der Markenstrategie erfolgt anhand der Messung der definierten Kennzahlen. Dabei ist es wichtig, dass die Geschäftsführung sich in regelmäßigen Abständen mit der Weiterentwicklung der Markenstrategie auseinandersetzt. Empfohlen wird dies beispielsweise in einem jährlichen Workshop oder quartalsweise im Rahmen der Geschäftsleitungssitzung. Anhand einer solchen, integrativen Vorgehensweise ist globale Markenführung auch für Mittelständler nicht nur kein Problem, sondern Mittel zum Erfolg.

Schritte für eine erfolgreiche globale Markenführung

1. Aktive und initiale Übernahme der Verantwortung für die Markenführung durch ein Geschäftsführungsmitglied.

2. Entwicklung klarer Markenstrategie unter Einbindung der gesamten Geschäftsführung.

3. Benennung Markenverantwortlicher und Ausstattung mit entsprechender Entscheidungs- und Informationsbefugnis.

4. Definition des spezifischen Implementierungsplans und Aufstellen von Messgrößen.

5. Deklination des Markenversprechens über alle Touchpoints hinweg.

6. Vermittlung des Markenversprechens auf allen Unternehmensebenen.

7. Messen und Nachsteuern der Erfolge.

8. Regelmäßige Auseinandersetzung der Geschäftsführung mit dem Thema Markenführung.

»Ein Vorteil mittelständischer Unternehmen bei der globalen Markenführung sind die kürzeren Entscheidungswege.«
(Dr. Matthias Hüsgen, Blackeight)

Erschienen im Markenartikel 8/2014, von Dr. Matthias Hüsgen und Armin Schlamp.

Den Artikel finden Sie online auch hier.