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Emotional Branding: Erfolgsfaktor Bildsprache

Echte Emotionen

Eine gefühlsbetonte Bildsprache soll Konsumenten mit Produkten verbinden. Im Trend: So natürlich wie möglich rüberkommen – und es unbedingt »menscheln« lassen.

Text: Irmela Schwab

Echte Emotionen

 

Da musste der Weichkäse seinen weißen Kugelbauch einziehen. Auf der Anzeige braucht Bayernland noch Platz für all die Menschen, die Mozzarella lieben: die Oma, das Pärchen, eine junge Frau und ein Kleinkind. Ihre Gesichter strahlen. Die italienische Delikatesse schmeckt Jung und Alt. Es ist erst zwei Jahre her, da hat der Nürnberger Hersteller seinen Käse ganz anders schmackhaft gemacht. Damals gehörte die Bühne dem Produkt – und nur ihm allein. »Produkte werden heute deutlich emotionaler und natürlicher in Szene gesetzt«, sagt Sibylle Lingner, Geschäftsführerin Lingner Marketing. Dazu zählt, Attribute um das Produkt herum zu zeigen, die bei den Konsumenten bestimmte Gefühle hervorrufen. Oder eben Personen, mit denen sie sich identifizieren können. Das hilft bei der Kaufentscheidung: Gerade am PoS steht der Kunde oft vor der Qual der Wahl. Hat er sich gefühlsmäßig an ein Produkt gebunden, kann er einfach den Bauch sprechen lassen. Schließlich werden laut Neuroforschung 80 Prozent aller Entscheidungen unbewusst getroffen.

 

Emotionen als wichtigster Erfolgsfaktor für Marken

Eine Umfrage von Yougov und Supersieben unterlegt dieses Ergebnis. Für die Mehrheit (86 Prozent) der befragten Marketingexperten in Deutschland hat Emotional Branding eine große Bedeutung: 86 Prozent sehen es als entscheidend für den Unternehmenserfolg. Emotionen werden sogar als der wichtigste Erfolgsfaktor für Marken gewertet: Gefühle zu wecken, rangiert bei 40 Prozent der Marketer auf Rang eins. Erst dann folgen Reputation und Image des Unternehmens mit 21 Prozent sowie die Einzigartigkeit mit 20 Prozent. Das Problem dabei ist nur: Über das eigene emotionale Markenprofil wissen Marketingverantwortliche oftmals nur wenig Bescheid. Mit 53 Prozent ist rund die Hälfte der befragten Experten unsicher, wie ihre Marke bei der Zielgruppe tatsächlich ankommt. Eine emotionale Wissenslücke.

Dass die Zeiten der knallharten Preisvergleiche vorbei sind, ist für Katja Jatzlau von Lennep, Creative Director Art bei der Markenaktivierungsagentur Revo, ein weiterer Grund dafür, dass Emotionen in der Gestaltung von Kampagnen immer wichtiger werden. Das Preis-Leistungsverhältnis tritt in den Hintergrund, daran vorbei schieben sich Identifizierung mit der Marke und persönliche Relevanz. Sie sorgen für die Gefühlsblitze, die dem Unterbewusstsein plötzlich zuflüstern: Hey, das will ich auch! Oder: Der Mensch da, das könnte ich auch sein.

Dies gelingt besonders gut über Natürlichkeit. Echtheit. Eine derartige Art der Bildsprache liegt immer mehr im Trend. Für Jatzlau von Lennep hat das mit den sozialen Netzwerken zu tun. So werden im Newsfeed überwiegend ungestellte Bilder gezeigt: von echten Menschen. »Dialogorientierte und Social-Media-Kampagnen haben in den vergangenen Jahren die Entwicklungen in Bezug auf die Bildsprache in der Werbung getrieben.« Die Kreative verweist auf User-generated Content im Instagram-Look. Auf der Foto-Sharing-App gibt es zudem filterlose Tools, die überaus beliebt sind. Live-Video-Apps wie Periscope und Meerkat bedienen ebenfalls das Bedürfnis nach unmittelbarer Authentizität. Indes gehen professionelle Fotografen dazu über, Szenarien im natürlichen Licht einzufangen – neuen hochempfindlichen Sensoren sei Dank.

Weniger Perfektionismus, mehr Spontaneität und Frische – so beschreibt Murat Erimel, Head of Marketing bei der Fotoagentur Fotolia, die aktuelle Tendenz bei der Bildauswahl. Selbst Pannen sind erlaubt, sogar erwünscht – sorgen sie doch dafür, dass sich Konsumenten leichter mit der Marke verbinden können. »Kampagnen gehen weg von blutleerer Glorifizierung und von idealisierten Stereotypen hin zu Emotionen und Humor«, sagt Jatzlau von Lennep.

Statt im Elfenbeinturm ihrer Markenwerte zu sitzen, geben sich Marken »anfassbarer«. So zeigt Maggi mit »Die neue Maggi-Qualität« Konsumenten beim Ausprobieren der Produkte, Duschgel Fa schmückt sich mit Profi-Surferin Maya Gabeira. Die Motive in diesen Kampagnen wirken wie Schnappschüsse aus dem wirklichen Leben.

Von der emotionalen Aura der Echtheit wollen auch Hersteller von Zigaretten profitieren. »Lucky Strike. Sonst nichts.« Mit dem Slogan hat die Marke noch vor ein paar Jahren für sich getrommelt. Genauso minimalistisch sah das Kampagnenbild aus. Außer der Schachtel mit den Glimmstängeln war da nichts. Heute dagegen sind Menschen abgebildet. Während die Sonne untergeht, gönnen sie sich eine Lucky Strike. Der Schriftzug suggeriert: Natur pur. Armin Schlamp, Geschäftsführer bei der Markenberatung Blackeight, macht für den Wandel der Bildsprache den gesunden Lifestyle verantwortlich: ein Gesellschaftstrend, der sich seit der Jahrtausendwende immer mehr durchsetzt – selbst, wenn es um Zigaretten geht. Das Interesse an natürlichen und heimatverbundenen Produkten liest er im wachsenden Umsatz von Biolebensmitteln, Naturkosmetik, Mikrobrauereien und Outdoor-Bekleidung ab.

Um die optimale Bildsprache zu entwickeln, müssen Marken aber noch mehr Kriterien einbeziehen. Wie zum Beispiel die Authentizität: So müssen die Bilder zur Markenpersönlichkeit und zur Zielgruppe passen. Keine leichte Aufgabe. Zielgruppenbedürfnisse und Lebensmotive können sehr unterschiedlich und vielschichtig sein. Um ihnen auf die Schliche zu kommen, legt Schlamp eine Matrix an. Von Abenteuer bis Sicherheit, von Kontrolle bis Lebensfreude. Es lohnt sich, die Schablone der eigenen Marke und Zielgruppe von Zeit zu Zeit neu überzustülpen, sagt der Markenexperte. Heute favorisiert der Konsument ungeschminkte Testimonials. Morgen kann das schon ganz anders aussehen.

Authentizität Bilder müssen zur Markenpersönlichkeit und zur Zielgruppe passen. Auf Basis der Consumer-Insights muss eine Bildsprache entwickelt werden, die den Konsumenten explizit an die Marke erinnert.
Wertigkeit Infolge der Authentizität muss die Bildqualität der Markenqualität entsprechen: Die Bildsprache eines Premiumprodukts muss ebenso hochwertig sein wie das Produkt.
Eigenständigkeit Durch die Bildsprache muss eine klare Differenzierung zum Wettbewerb stattfinden. Im Idealfall erkennt die Zielgruppe eine Marke allein an der Bildsprache.
Durchgängigkeit Die Bildsprache muss innerhalb der verschiedenen Kanäle für den Empfänger klar auszumachen sein.
Langfristigkeit Die Bildsprache muss so definiert werden, dass sie Raum für weitere Entwicklungen bietet. Eine Bildsprache, die sich in kürzeren Abständen immer wieder verändert, gibt ein inkonsistentes Markenbild ab.

Sehen Sie hier den ganzen Artikel – erschienen in der W&V 40-2015 Special Emotion-Selling.