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Sieben juristische Sprengfallen bei der Marken­entwicklung

Gefahr: Markennamen ohne Inhalte

Oft übersehen Unternehmen, dass der gefundene Markennamen anderen, bereits existierenden, zu ähnlich ist. Und müssen dann entweder Geld zahlen oder sich umbenennen. Oder sie erfinden Kunstnamen, mit denen Kunden und Öffentlichkeit nichts anfangen können.

Falle 1: Leichtfertige Ist-Analyse

Vorschnelligkeit in der Analyse der Ausgangssituation zahlt sich am Ende nicht aus. Dass der Verzicht einer gründlichen Analyse und Vorprüfung finanzielle Risiken birgt, erlebte Zalando: Der Versandhändler hat 2008 bei der Markenanmeldung in Deutschland offensichtlich versäumt zu prüfen, ob Markenrechte anderer Player verletzt werden beziehungsweise das Kollisionsrisiko falsch eingeschätzt. Die Unternehmensmarke Calando, die durch ein »Shoppingclub-Konzept« für Mode- und Lifestyle-Produkte ähnliche Geschäftsfelder wie Zalando bedient und markenrechtlich schützen ließ, mahnte 2010 die jüngeren Markenrechte von Zalando an – aufgrund der Namensähnlichkeit. Außergerichtlich sollen sich die beiden Parteien auf eine einmalige Entschädigung von 250.000 Euro und jährlichen Ausgleichszahlungen in Höhe von 50.000 Euro verständigt haben. Dies hat wohl die Zalando-Entscheidung beeinflusst, Calando 2011 zu übernehmen, um dem Aufwand ein Ende zu setzen.

Das Beispiel zeigt, dass es für die erfolgreiche Entwicklung einer Unternehmensmarke mehr bedarf als eines guten Namens. Es gilt, vorab die Ausgangssituation des Unternehmens zu analysieren. Dabei lohnt sowohl ein Blick nach »außen« auf den Markt und Wettbewerb, als auch ein Blick nach »innen« auf die Stärken und Schwächen des Unternehmens. Wer ist Ihre Zielgruppe? Welchen Mehrwert gegenüber Wettbewerbern bieten Sie? Es sollte rechtzeitig geprüft werden, welche Rechte anderer Marken bestehen und das Kollisionsrisiko in die Entscheidungsfindung einfließen.

Falle 2: Name ohne Inhalte

Markenaufbau braucht Zeit, in der Marke Stück für Stück Vertrauen aufbauen. Was das heißt, erfuhr das Schweizer Technikunternehmen Oerlikon-Bührle. Im Jahre 2000 gab das Unternehmen den vor 100 Jahren eingeführten Firmennamen auf und nannte sich in Unaxis um. Die Rückbenennung und Umstellung des globalen Corporate Designs in OC Oerlikon erfolgte bereits sechs Jahre später, da Kunden weltweit nichts mit dem Kunstwort »Unaxis« verbanden – insbesondere keine Tradition und Swissness.

Um eine aussagekräftige Marke zu schaffen und das Bild dieser Marke in den Köpfen der Kunden zu etablieren, sind eine Reihe an Fragen zu klären: Was ist der Kern der Marke? Welche Ihrer Leistungen sind einzigartig, kundenrelevant und können deshalb als Versprechen gegenüber der Kunden kommuniziert werden? Sammeln Sie – zur Definition Ihres Markenversprechens – Informationen über die Bedürfnisse Ihrer Kunden und bringen Sie diese mit den besonderen Leistungen zusammen, die Ihre Marke Ihren Kunden bietet (Nutzenversprechen). Stützen Sie Ihr Nutzenversprechen mit nachvollziehbaren Argumenten. Ist der Kern Ihres Nutzenversprechen beispielsweise »Zukunftssicherheit durch innovative Technik«, sind die Anzahl der angemeldeten und bestandskräftigen Patente valide Argumente, um das Versprechen zu untermauern.

Falle 3: Enges Denken

Wo soll die Unternehmensmarke aktiv werden? In Deutschland? Europaweit? Weltweit? In welchen Warenklassen? 2004 nannte sich der chinesische Computerbauer Legend in Lenovo um, weil er feststellte, dass sein Markenname bereits in vielen Ländern geschützt ist.

Um ein solches Renaming zu verhindern, sollten die maximale, derzeit vielleicht noch undenkbare Expansion in die Markenstrategie integriert werden. In welchen potenziellen Eintrittsmärkten bestehen bereits gleiche oder ähnliche Markenanmeldungen? Dabei ist genau zu analysieren, welche Waren und Dienstleistungen diese Anmeldungen beanspruchen.

Falle 4: Nur Wortmarkenschutz

Warum steht Magenta ausschließlich für die Deutsche Telekom? Und warum darf nur Milka »Lila« für Schokoladenwaren verwenden? Neben Wortmarken gibt es auch Farb-, Bild-, 3D-, Klang-, Geruchs- und Positionsmarken, die geschützt werden können und auch geschützt werden sollten. Hier lassen sich Einzigartigkeit und Differenzierung und damit später gar ein USP begründen. Dies setzt natürlich auch eine Gestaltungsanalyse des aktuellen und künftigen Wettbewerbsumfeld voraus.

Falle 5: Corporate Design ist nur Design

Sind die Markenidentität entwickelt und das Markenversprechen definiert, können Unternehmensmarke und Corporate Design entwickelt werden. Dabei empfiehlt es sich die verschiedenen Corporate Design-Gestaltungsvarianten mit dem Markenversprechen abzugleichen und in einem iterativen Prozess juristisch prüfen zu lassen. So kann sichergestellt werden, dass die Designentwürfe nicht bereits geschützt sind.

Das Modeunternehmen Bogner klagte 2012 beispielsweise aus ihrer älteren Wort-/Bildmarke »B« (Bogner »B«) gegen die jüngere Wort-/Bildmarke »B« (Barbie »B«) von Mattel, dem Hersteller der Barbie-Puppen. Als Mattel ihre Marke auf Bekleidungsstücken und Schuhen aufbrachte, führte dies nach Ansicht von Bogner zu Verwechslungen und zu einer Verletzung der älteren Markenrechte. Ein langer und aufwendiger Rechtsstreit folgte, der nach anfänglichen Siegen für Bogner in den ersten beiden Instanzen vom Bundesgerichtshof (BGH) zurückverwiesen wurde, da keine Verwechslungsgefahr bestünde. Die begleitende Prüfung verhindert, dass ein final ausgearbeitetes Design bereits bestehende Markenrechte verletzt und zu einem späteren Zeitpunkt aufwändig umgearbeitet werden muss.

Falle 6: Gelauncht und fertig

Jack Wolfskin weiß, dass konsequenter Markenaufbau auch Markenpflege und Markenschutz beinhaltet. Seit Jahren geht das Unternehmen gegen Unternehmen und Privatpersonen vor, die das geschützte Tatzen-Logo verwenden. Der Tageszeitung taz wurde im Jahr 2002 untersagt, Kleidung mit dem taz-Logo (einer Tatze) zu verkaufen. Gegen die Produktionsfirma von »Fünf Freunde« wurde wegen eines ähnlichen Logos Anfang 2013 zuerst eine Klage eingereicht, bis man sich Ende 2013 außergerichtlich einigte. Auch mehrere Dawanda–Hobbydesigner wurden wegen der Verwendung von Tatzen-Logos  von Jack Wolfskin abgemahnt.

Um die Einzigartigkeit und Identität von Marken zu schützen, gilt es, nach der kommunikativen Realisierung die Marke zu pflegen und zu schützen. Dazu ist fortlaufend der Wettbewerb zu beobachten, um festzustellen, ob eigene Schutzrechte verletzt werden. Gegebenenfalls müssen Rechte verteidigt werden, indem gegen neue Markenanmeldungen beim jeweiligen Markenamt Widerspruch eingelegt wird, die entsprechenden Unternehmen abgemahnt oder Ansprüche gegebenenfalls gerichtlich durchgesetzt werden.

Falle 7: Disruptive Markenführung und taktische Markenkommunikation

Nach erfolgreicher Eintragung können Markenkontaktpunkte (von Corporate Design über Mitarbeiterverhalten bis zur taktischen Markenkommunikation in Form von Kampagnen) gestaltet werden. Im Laufe der Zeit kommt es häufig zu Erneuerungen der Gestaltung. Dabei ist auch zu prüfen, ob das geänderte Design noch unter die ursprüngliche Markenanmeldung fällt oder eine neue Anmeldung notwendig ist.

Risikoreich sind aus juristischer Sicht jedoch insbesondere die Sprengfallen, die in der taktischen Markenkommunikation lauern. So liefern sich die großen Telekommunikationsnetzbetreiber in Deutschland seit Aufteilung des Internetzugangsgeschäft (legendär T-Online vs. United Internet/1&1) bis heute – zum Beispiel Telekom vs. Vodafone – Stellungskriege, bei denen die jeweils andere juristische Abteilung Gerichtsentscheide zum eigenen Vorteil auswertet und jedes Werbemittel mit Argusaugen sichtet und im Zweifel abmahnt. Hier müssen Werbemittel mit hohem Aufwand zurückgezogen und angepasst werden. T-Online hatte frühzeitig solche Schritte in der Kampagnenentwicklung berücksichtigt, zum Beispiel durch vorbereitete Ersatzwerbemittel oder kostengünstig rückholbare Werbemittel.

Acht Schritte zur Entwicklung von Unternehmensmarken:

  1. 1. Ist-Analyse: Interne und externe Ausgangslage analysieren (inkl. juristischer Sondierung)
  2. 2. Neues Markenversprechen: Entwicklung von Szenarien für das künftige Markenversprechen und finale Entscheidung
  3. 3. Implementierungsplanung
  4. 4. Neuer Markenauftritt: Entwicklung neuer Markenname und Gestaltung sämtlicher Kundenkontaktpunkte (inkl. juristischer Prüfung)
  5. 5. Markenanmeldung
  6. 6. Launch neue Marke
  7. 7. Taktische Markenkommunikation (inkl. juristischer Prüfung)
  8. 8. Markenschutz: Markenrechte fortlaufend schützen und verteidigen

Autoren: Dr. Matthias Hüsgen ist Managing Partner bei der Blackeight Markenberatung; Sebastian Reichart ist selbstständiger Rechtsanwalt für IP-Law, München.
Erschienen am 17.10.2014 auf haufe.de